Adlergroschen
Der Adlergroschen, auch bekannt unter dem italienischen Namen Aquilino, ist eine bedeutende mittelalterliche Silbermünze, die seit dem Jahr 1259 unter Graf Meinhard II. von Görz-Tirol und seinem Bruder Albert in Meran geprägt wurde. Diese frühe Groschenmünze zählt zu den ersten höherwertigen Silberprägungen im Alpenraum und markiert einen wichtigen Entwicklungsschritt im Münzwesen der Region. Der Name „Adlergroschen“ leitet sich vom Münzbild ab: Ein stilisierter, ein- oder doppelköpfiger Adler, der als Herrschaftssymbol des römisch-deutschen Reiches diente, prangt auf der Rückseite und verlieh der Münze ihre charakteristische Identität.
Die Einführung des Adlergroschens erfolgte in einer Zeit wirtschaftlicher und politischer Umbrüche, in der der Bedarf an stabilen und überregional handelbaren Silbermünzen stark anstieg. Mit dem Groschen griffen die Tiroler Grafen eine Innovation auf, die bereits in Oberitalien etabliert war, wo der sogenannte „Grosso“ als schwere Silbermünze in Umlauf gebracht wurde. Der Aquilino oder Adlergroschen orientierte sich in Gewicht und Feingehalt an diesen Vorbildern, etablierte sich jedoch rasch als eigenständiges Prägeprodukt mit regionalem Einfluss. In Meran, einem wichtigen Zentrum der Tiroler Münzprägung, wurde der Adlergroschen unter strenger Kontrolle und mit hochwertigem Silber produziert, was ihm eine hohe Akzeptanz im überregionalen Handel verschaffte.
Im numismatischen Kontext ist der Adlergroschen ein bemerkenswertes Beispiel für die frühe Entwicklung von Groschenwährungen im Heiligen Römischen Reich. Er verdeutlicht nicht nur die technische und wirtschaftliche Kompetenz der Münzherren von Tirol, sondern spiegelt auch die symbolpolitische Nutzung des Reichsadlers als Zeichen legitimer Herrschaft wider. Der Aquilino wurde schnell zum Vorbild für ähnliche Prägungen in benachbarten Territorien und beeinflusste langfristig das mitteleuropäische Münzwesen. Besonders interessant für Sammler und Historiker sind die verschiedenen Varianten, die sich in Details der Adlerdarstellung, der Umschriften oder der Münzzeichen unterscheiden. Sie erlauben eine präzise zeitliche und geografische Einordnung und bieten tiefe Einblicke in die Münzgeschichte des Spätmittelalters.
Heute zählt der Adlergroschen zu den gesuchten Stücken im Bereich der mittelalterlichen Numismatik. Er verbindet historische Relevanz mit ästhetischem Reiz und steht exemplarisch für die Anfänge einer überregional funktionierenden Münzwirtschaft im deutschsprachigen Raum. Als frühes Beispiel für eine Silber-Groschenmünze mit imperialer Symbolik hat der Aquilino nicht nur wirtschaftliche, sondern auch ideengeschichtliche Bedeutung und ist ein faszinierendes Zeugnis für das Zusammenspiel von Politik, Ökonomie und Münzkunst im Hochmittelalter.